Nordhorn- Denekamp
Ich habe wunderbar geschlafen, wenn gleich der Platz kein leiser ist. Menschen, die etwas lärmempfindlich sind, werden die Geräusche von der Schnellstraße B413 und der B213 sicher als störend empfinden. Fast noch lauter als die Straße sind allerdings in unserer Ecke am Wäldchen die Vögel. Es scheint, als wollten sie mit ihrem Geschrei den Motorenlärm bis zum Dunkelwerden übertönen. Und Vögel sind Frühaufsteher. Ein lautes Vogelkonzert gibt es schon kurz nach vier Uhr am Morgen. Da ist vom Brummen und Rauschen der Autos noch nicht viel zu hören. Aber was gibt es Schöneres, als am Morgen von Vogelgezwitscher geweckt zu werden, selbst um 4.00 Uhr, wenn man sich danach noch genüsslich umdrehen und weiterschlafen kann.
Die von Wetter-Online versprochene Sonne lässt am Morgen auf sich warten und es ist daher noch recht schattig. Aber bereits beim Frühstück reißt die Wolkendecke auf und pünktlich zur geplanten Radtour über die deutsch-holländische Grenze nach Denekamp ist der Himmel strahlend blau.
Der Radweg führt immer entlang des Nordhorn-Almelo-Kanals. Wir fahren unter einem grünen Dach aus Blättern, durch das die Sonnenstrahlen funkeln. Dir Bäume spiegeln sich auf der glatten Oberfläche des Wasser, die von schwimmenden Enten immer mal wieder gekräuselt wird. Das schönste aber sind hunderte von Seerosen, die auf dem Kanal schwimmend gerade dabei sind sich zu öffnen. Außer uns sind nur eine Handvoll Spaziergänger unterwegs. Ein wunderschönes und angenehmes Fahren.
Wir erreichen die Ortsmitte von Denekamp. Dort, wo sich kleine Läden, die sogenannten Winkels, um den Marktplatz und die St. Nikolaus Kirche gruppieren. Der Heilige, in Bronze gegossen, verteilt vor der Kirchentür Geschenke an die Kinder. Der Ort wirkt fast ausgestorben. Die vielen Lokale, die mit ihren Terrassen stets den pulsierenden Mittelpunkt jeder niederländischen Stadt bilden, sind geschlossen. Stühle und Tische gestapelt. In den Niederlanden dürfen die Gastronomiebetriebe noch nicht öffnen. Alle Läden aber sind geöffnet und das obligatorische Desinfektionsmittel steht am Eingang bereit. Obwohl in den Niederlanden keine Maskenpflicht besteht und man frei atmend einkaufen kann, dämpfen die Hygienemaßnahmen der Geschäfte die Spontaneität einen Laden zu betreten. Bei einem Käseladen können wir unsere Hemmungen überwinden. Lecker Gouda und Kräuterkäse werden kurze Zeit später in der Radtasche verstaut. Eigentlich haben wir auf einen Cappuccino to go gehofft. Vergebens. Den gibt es dann später am Womo, nicht to go, sondern sitzend in der Sonne.
Zurück fahren wir an der N342 entlang. Da muss doch irgendwo der Grenzladen sein. Und wirklich, es gibt ihn noch, kurz vor der Grenze. Hier kann man Obst, Blumen, Medikamente, Drogerieartikel und vieles mehr zu einem äußerst günstigen Kurs erstehen. Eigentlich sollte es hier auch einen Imbiss mit Pommes, Kibbelingen und Frikandeln geben. Aber Corona hat dafür gesorgt, dass unsere heutige Essensplanung einer Überarbeitung bedarf. Keinen Kaffee, keine Kibbelinge. Dafür fahren wir später mit prall gefüllten Radtaschen davon, deren Inhalt jegliche Diätbemühung in nächster Zeit ab absurdum erklärt.
Zurück am Wohnmobil ist erst einmal Sonne und Nichtstun angesagt. Da wussten wir allerdings noch nicht, dass der entspannte Teil des Tages gleich vorbei sein sollte. Es fängt damit an, dass wir feststellen, dass die Toilettenspülung simmert und die Schüssel vollgelaufen ist.. Und zwar so stark, dass sie damit fast die Kassette zum Überlaufen gebracht hätte. „Whats that?“ Dr. Google erklärt uns dazu, dass der Magnetverschluss, der den Wasserzulauf regelt, nicht mehr ganz in Ordnung zu sein scheint und entweder gesäubert oder ausgetauscht werden muss. Auf diesen Schreck muss ich erst einmal einen Kaffee trinken. Aber was ist das? Die Mikrowelle, die sonst immer für eine schnelle heiße Milch für den Milchkaffee sorgt, verweigert ihren Dienst. Auch das noch. Nicht, dass die fehlende Mikrowelle an Bord nun unsere Reisepläne sabotiert hätte, aber für uns ist sie mit unser wichtigstes Kochgerät unterwegs, wie für andere z B. Backofen, Induktionsplatten oder Heißluftfritteuse
Michael ist sauer. Er ist nicht nur sauer, sondern stinksauer. Schon wieder Reparaturen. Jetzt funktioniert der Wechselrichter im Hänger und liefert Strom ohne Ende und der Tempomat ist auch wieder ok. und nun wieder was Neues. Aber so ist das beim Wohnmobilfahren. Unser Wohnmobil ist Baujahr 2012 und die Mikrowelle genau so alt. Wann anders als unterwegs sollen sich Verschleißerscheinungen und Defekte denn bemerkbar machen? Und so es gibt immer wieder Überraschungen. Das ist nicht nur bei uns so, versuche ich zu trösten, aber die wenigsten reden über ihre Mängel und Reparaturen am Fahrzeug. Das ist eine heilige Kuh, die keiner öffentlich schlachtet. “ Michael tröstet das nicht im geringsten. „Aber ich habe wieder die A… Karte und darf alles reparieren,“ meint er. „Sei froh, dass du das alles kannst“, lobe ich und versuche die Stimmung damit wieder zu heben. „Mit zwei linken Händen brauchst du gar nicht erst anzufangen, Wohnmobil zu fahren. Stell dir mal vor, du müsstest das Fahrzeug wegen jeder Kleinigkeit in die Werkstatt bringen. Dann kannst du gleich das Geld nehmen und verbrennen, wenn du überhaupt Jemanden findest,der dir z.B. einen Magnetverschluss ausbaut und repariert. “ Und die Mikrowelle ersetzen wir jetzt. Ob wir Zuhause nach einem passenden Model suchen oder unterwegs. Der Preis ist der Gleiche. Und so schlage ich vor, mit dem Fahrrad zum Marktkauf, Expert, oder ähnlichem zu fahren und nach einer neuen Mikrowelle zu schauen. Aber vorher müssen wir noch zum Baumarkt. Michael hat seinen Akkuschrauber vergessen, und den braucht er zum Austausch der Geräte. Letztendlich wird aus der Fahrt zu den verschieden Läden noch eine richtig schöne kleine Radtour und wir lernen dabei den Stadtpark und weitere Stadtteile von Nordhorn kennen. Und Erfolg haben wir auch noch. Mit einem Akkuschrauber im Gepäck und einer zurückgestellten Mikrowelle, mit original den Maßen, die zum Einbauen in die vorgegebene Halterung nötig sind, fahren wir zurück. Morgen früh, wenn wir weiterfahren, können wir sie mit dem Wohnmobil abholen.
Am Abend ist der Platz voll und einige Wohnmobile sind schon unverrichteter Dinge weggefahren. Ein wenig Abendsonne tanken, ein wenig See angucken, ein kleiner Plausch mit den Wohnmobilfahrern und überlegen,wohin es morgen gehen soll, und schon ist Tag zwei der Fahrt vorbei.