Tag 26 Radtour nach Laval entlang der Mayenne
17. September in Frankreich ⋅ ☀️ 24 °C
Tagesbeginn am Fluss. Fahrt entlang der Mayenne. Ein unerwartetes Schloss. Ein Bummel durch die Jahrhunderte. Corona Gedanken. Brot holen mit Barbesuch.
Trotz der Hitze war die Nacht angenehm Die Temperaturen sind ganz ordentlich heruntergegangen. Ich bin früh wach und ohne Michael zu wecken, koche ich mir einen Kaffee und schlendere mit der Tasse zum Fluss. Die aufgehende Sonne färbt alles rosarot und verheißt wieder einen heißen Tag. Die Franzosen auf dem Platz sind scheinbar alles Langschläfer. Nirgendwo rührt sich etwas. Dann krabbelt aus dem Zelt, das Radwanderer gestern aufgeschlagen haben, eine junge Frau. Ich bin nicht mehr allein und der Zauber des unberührten Morgens ist verflogen. So gehe ich zurück zum Wohnmobil, stelle die Stühle in die Sonne und lese Zeitung. Da macht sich auch Michael bemerkbar und bald darauf frühstücken wir in der Morgensonne.
Heute wollen wir den Radweg auf der anderen Seite der Mayenne befahren und uns das Städtchen Laval ansehen. Wir starten zeitig, damit wir vor der größten Hitze des Tages zurück sind. 32 Grad sollen es heute werden. Aber auf dem Radweg ist es angenehm kühl. Oft führt der asphaltierte Weg unter Bäumen her. Auf der anderen Seite des Flusses können wir nett gestaltete Grundstücke mit Sitzplätzen am Wasser sehen, aber auch hochherrschaftliche Häuser, wie kleine Schlösschen, ragen hoch hinaus. Ein Angler sitzt im Boot und hält seine Angel ins Wasser. Alles ist sehr ruhig und friedlich. Den schönen Weg haben an diesem Vormittag noch andere zur Erholung oder zum Sporttreiben gesucht. Wir überholen Wanderer, Jogger und eine Gruppe Nordic Walker. Auch Radwanderer sind anzutreffen. Und dann sehen wir noch einen ganz besonderen Wanderer. Er hat sein Gepäck auf einem Esel festgeschallt und führt das Tier. Das ist aber ein ganz entschleunigtes Wandern, denn der Esel hat alle Zeit der Welt und bleibt oft stehen, um zu fressen. Auf dem Rückweg werden wir ihn wieder treffen. Nur wenige Kilometer weiter. Aber ich glaube, große Entfernungen zurückzulegen, darum geht es dem Eselswanderer auch gar nicht.
Wir fahren an kleinen Schleusen vorbei. In der Hochsaison ist die Mayenne scheinbar auch bei Kanuten beliebt, denn ein Kanuverleih befindet sich direkt am Fluss. Bisher haben wir allerdings noch kein Boot fahren gesehen, weder mit Motor noch mit Muskelkraft. Wir erreichen das auf der anderen Seite liegende Örtchen Change mit der Kirche Saint-Pierre und dem Schloss Change sowie den Park des Ondines. Wir aber fahren weiter und kommen an einem See vorbei, an dem wir eine kurze Rast machen. Weiter geht es. Von Weitem sehen wir schon die Bögen eines Viaduktes, das sich über die Mayenne spannt und im Hintergrund den Bergfried eines Schlosses. Laval kündigt sich an. Der Radweg führt bis ins „Centre“. Wir stellen die Räder ab. Von nun an geht die Erkundung zu Fuß weiter. „Erst in den historischen Teil,“ schlage ich vor und deute in Richtung Schloss. Wir gehen ein Stück an der Mayenne entlang und finden eine kleine Pforte, hinter der sich die Treppen hinauf zum Schoss befinden. Oben angekommen haben wir einen fantastischen Blick über die Dächer der Stadt mit ihren Schornsteinen und bis hinab zur Mayenne, auf der kleine Boote in der Sonne schaukeln, und der Jahrmarkt am Ufer bunt zu uns hinauf leuchtet. Im Schloss befindet sich heute ein naives Kunstmuseum, das eine der schönsten Sammlungen naiver Kunst in Europa beherbergt. Wir verlassen den Schlossbereich und lassen uns im Altstadtgewirr der kleinen Gassen treiben, entdecken eine romantische Ecke nach der nächsten und staunen über den Optimismus der kleinen Lokake, die jetzt zur Mittagszeit ihre Tische draußen gedeckt haben. Alle warten auf Gäste. Die mittelalterlichen Straßen von Laval sind eine gute Gelegenheit, um Zeugnisse aus einer anderen Zeit zu betrachten, wie die Häuser mit den malerischen Fachwerkfassaden oder die Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit oder das Beucheresse-Tor, ein Überbleibsel der mittelalterlichen Mauer. Sicherlich gibt es noch viel mehr anzusehen, aber nach zwei Stunden steht uns der Sinn nach einer kleinen Bar und etwas zu trinken. Die finden wir genau gegenüber des „Hotel de Ville“, des Rathauses. Auf der anderen Straßenseite ist ein Covid 19 Informationsstand aufgebaut. Die Menschen können sich dort testen lassen. Uns holt der Anblick schnell wieder aus der Vergangenheit zurück in die momentan für Reisende schwierige Gegenwart. Auch in Laval herrscht in der ganzen Stadt Maskenpflicht. Während das RKI nur 6 Departements in Frankreich zu Risikogebieten erklärt hat, hat die französische Regierung weitaus mehr Gebiete als gefährdet eingestuft.
Etwas, was uns Sorge bereitet und die Weiterreise in den Süden verhindert hat.
Gestärkt durch den Kaffee geht es entspannt wieder zurück an der Mayenne und in den Schatten des Wohnmobils, wo wir die größte Hitze des Nachmittag auf dem Liegestuhl gut aushalten können.
Gegen Abend laufen wir in den Ort, um ein Brot zu holen und auf der luftigen Terrasse etwas zu trinken.
Tag 27 Fahrt nach Aix on Othe
18. September in Frankreich ⋅ ☀️ 30 °C
Aire Municipale du Moulin a Tan
Wieder kündigt sich ein sehr heißer Tag an. Heute wollen wir gut 400 km bis weit hinter Sens fahren. In Aix en Orthe haben wir uns einen Stellplatz an einem Bach und einer Mühle ausgesuchte. Aix en Othe liegt ca 30 km vor Troyer, im Departement Aube in der Region Grand Est.
Da wir nicht die Strecke über Paris nehmen wollten, haben wir uns entschieden über Le Man – Chartres- Orleans – Sens zu fahren. Es ist eine gute Entscheidung, denn es geht gut mit relativ wenig Verkehr voran. Wir fahren bei Laval auf die A 82 , dann auf A11 . Kurz vor Chartres sind sich die Navis nicht einig, vor Chartres abfahren oder über Chartres zu fahren. Wir entscheiden uns über Chartres zu fahren und werden dort über gute D-Straßen auf die N 154 geleitet. Zum Teil einspurig führt sie durch eine endlose verdorrte Landschaft in der nichts Grünes mehr zu sehen ist. So habe ich Maisfelder noch nie gesehen. Die Pflanzen sind von oben bis unten braun, aber auch die Wiesen und Straßenränder sind so braun, dsss sie nicht von dem Stoppelfeldern und dem Braun umgepflügten Bodens zu unterscheiden sind. Über der riesigen braunen Fläche weht ungebremst ein kräftiger Wind, der dunkle Staubwolken vor sich hertreibt. Ein Funke würde genügen, um einen riesigen Flächenbrand in Gang zu setzen Ein richtig apokalyptisches Zenario, das uns mehr oder weniger noch entlang der A 10 und A19 bis hin zum Stellplatz in Aix en Orthe begleitet.
Der Stellplatz mit seinen grünen Bäumen am Bach, der stellenweise noch grünen Wiese und dem vielen bunten Blumen ist wie eine Oase, in die wir einkehren. Er ist richtig super und noch ein kleiner Geheimtipp. Das Schönste ist die Lage am Bach La Noste. Auf einer großen Wiese mit sehr viel Platz kann sich jeder sein Plätzchen suchen. Wir halten zu nächst mitten auf der ersten Wiese. Die schönen Plätze am Bach haben zwei Wohnmobile großzügig belegt. Es gibt noch eine zweite größere Wiese, aber dort mäht der Betreiber gerade Rasen und wir müssten warten. So reihen wir uns hinter ein bereits stehendes Wohnmobil ein und stellen den Hänger hinter uns. Nun stehen wir gut und unser eigenes Wohnmobil spendet uns Schatten vor der sengenden Sonne, denn es ist wieder unerträglich heiß. Schnell sind alle notwendigen Arbeiten gemacht, und wir können im Schatten entspannen. Es ist 16.00 Uhr Den Kaffee ersetzen wir durch eisgekühlte Getränke. Am Spätnachmittag muss ich mich, Hitze hin und her, einfach einmal bewegen.
Zum 1 km entfernte Zentrum führt ein Spazierweg entlang des Baches, den ich nehme. Dass Aix en Othe auch zu den „Ville de Fleur“ gehört , bemerke ich an der üppig wachsenden Blumenpracht überall im Ort. Wunderschön sieht die Kirche, die Markthalle von 1889 und das Rathaus in der tieferstehenden Sonne aus. Ich schlendere durch die beiden Straßen mit Läden und Gastronomie. Es gibt sogar ein Office de Tourisme. Aix en Orthe hat den etwas maroden Charme französischer Orte. Unterwegs treffe ich unsere französischen Wohnmobilnachbarn. Die erzählen mir, dass wir mit den Wespen aufpassen müssten. Die kämen vor allem gegen Abend und wären ziemlich groß. Über Wespen und Mücken brauchten wir uns am Meer keine Gedanken machen, aber hier im Landesinneren ist es wieder ein Thema. Die ersten Mückenstiche haben wir uns schon in St.Jean geholt.
Als ich mir einen Überblick über die Begebenheiten des Ortes verschafft habe, kehre ich auf der Terrasse der Tabac-Bar im Schatten ein. Aber ich merke gleich, warum hier niemand sitzt. Sobald ich mich hingesetzt habe, werde ich von angriffslustigen Wespen umschwirrt. Ich flüchte ins Innere und trinke dort im klimatisierten Gastraum mein „Jeffe Rybi“ bevor ich zurück zum Wohnmobil gehe Dort liegt Michael noch immer im Liegestuhl Es geht ihm mit dem Schnupfen in der Hitze nicht gut. Die Fahrt hat ihn doch ziemlich angestrengt. Zum Kochen und Grillen ist es heute einfach zu heiß und so gibt es das frische Baguette , dass ich vom Bäcker aus dem Ort mitgebracht habe, Salat und ein Heißwürstchen zum Abendessen. Als die Sonne untergeht wird es langsam erträglicher. Im Wohnmobil herrschen, trotz der Hitze, angenehme Temperaturen. Da werden wir wohl gut schlafen können.
Tag 28 Aix en Orthe -Radtour nach Paisy
19. September in Frankreich ⋅ ☁️ 24 °C
Erneut der Beginn eines heißen Tages. Unser Plan für heute sieht zunächst wieder einmal etwas intensivere Hausarbeit im Wohnmobil vor. Danach soll ein „Wochenendeinkauf“ im Supermarkt und eine gemeinsame Radtour zum Seengebiet um Paisy und Neuvillle folgen. Soweit der Plan.
Zum Einkaufen fahren wir mit den Rädern, da bekommen wir ordentlich was transportiert. Als wir in dem Ort kommen, sehen wir, dass um die Kirche ein Markt aufgebaut ist. Auch das Tor der Markthalle, die aus dem Jahr 1889 stammt, ist einladend geöffnet. Dass heute Markt in Aix en Orthe ist, hat uns etwas überrascht . Auf dem Ortseingangsschild wird auf den Mittwoch als Markttag hingewiesen. Die ersten Händler räumen schon ein. Ich schlendere einmal kurz über den Markt und durch die Markthalle. Sieht alles sehr farbenfroh und lecker aus, mit vielen Produkten aus der Region, aber auch sehr hochpreisig. Der Markt von Aix en Othe gilt als mit einer der schönsten Märkte in Frankreich.
Wir fahren weiter und entdecken einen Campingplatz. Einige Wohnmobile haben dort ihren Übernachtungsplatz gefunden. Kurz darauf erreichen wir den Carrfour und decken uns mit frischen Lebensmitteln ein. Ich würde gern noch nach Sachen gucken, die es bei uns so nicht gibt. Aber Michael möchte zum Wohnmobil zurück. Seine Erkältung macht ihm zu schaffen. Da werde ich wohl später noch einmal allein fahren müssen.
Am Wohnmobil zurück, möchte er dann auch keine Radtour mehr machen. Ich überlege, ob ich in einer Apotheke etwas für ihn besorgen kann, aber hier im Ort gibt es keine. In unserer Reiseapotheke finde ich noch 3 Beutel Aspirin. Zwei lassen wir vorsichtshalber für morgen für die Fahrt nach Deutschland. Der dritte Beutel verschafft ihm für einige Stunden Linderung.
Wenig später starte ich also allein zur Radtour. Vorher habe ich aber noch ein wenig mit dem Paar aus Saarlouis geplaudert, das gestern Abend angekommen ist. Sie sind auch auf der Rückreise aus der Bretagne und haben diesen Stellplatz bereits das zweite Mal angefahren. Ich bekomme noch ein paar Tipps für Saarlouis, das unser Ziel morgen sein soll und verspreche im Gegenzug etwas von meiner Fahrt an die Seen von Paisy zu erzählen. Dann nehme ich wieder den kleinen Weg entlang des Baches, allerdings dieses Mal in die andere Richtung. Nach wenigen hundert Metern hört der Asphalt auf und der Weg wird zum staubigen Feldweg.
„Es ist kein Mensch unterwegs“, denke ich gerade, als mir fünf Quads entgegenkommen und mich in eine Wolke von Staub einhüllen. Freundlich winkend fahren sie vorbei. Jetzt lohnt sich das Duschen nachher umso mehr
Der kleine Ort Paisy liegt im Mittagsschlaf. Nicht einmal ein Hund hat Lust, bei der Hitze zu bellen. Ich folge dem Hinweisschild zum „Plan d’Eau de Paisy Condon“, das mich durch ein Waldstück zu einem See führt. Hier gibt es ein Strandbad, große Liegewiesen und auch ein Ausflugslokal. Die vielen Parkflächen zeigen, wie beliebt dieser Badesee in der Saison zu sein scheint. Jetzt aber sind nur wenige Besucher da . Ein paar Kinder spielen vorn im Wasser, und eine Großfamilie macht Picknick unter den Bäumen. Ein Kastenwagen hat sich den Parkplatz hier als Übernachtungsort ausgesucht. Jetzt ist es hier wohl sehr einsam in der Nacht. Ein Rad-und Fußweg führt um den See, dem ich folge. Ich bin ganz allein. Vor mir steigt ein Raubvogel aus dem Schilf in die Luft. In seinem Schnabel hält er ein kleines, schlangenartiges Tier. Am See fließt auch die „Vanne“ vorbei und zeigt ihr romantisches Flussbett. Auch an der Vanne führen Radwege entlang. Ich beende meine Seeumrundung und fahre in Richtung Neuville- sur -Vann. Kein Mensch, kein Fahrzeug begegnen mir an diesem Samstagnachmittag. Auf der Landstraße ist rechts ein vertrocknetes Maisfeld und links ein Feld mit verdörrten Sonnenblumen. Das sieht alles so traurig aus. Wie schön grün muss es hier zu Beginn des Sommers ausgesehen haben. Plötzlich glitzert zwischen Hecken und Bäumen die Oberfläche eines Sees. Ich folge der nächsten Stichstraße dorthin und komme zu einem Picknickplatz am See. Ein einsamer Angler hält seine Angel ins Wasser und hofft auf einen Fisch. Eigentlich wollte ich hier eine Pause machen, aber der schattenlose Platz ist nicht unbedingt pausentauglich bei der Hitze. Ich fahre weiter. Auch in Villemaur sehe und höre ich niemanden. Einkehren, wie ich mir eigentlich erhofft habe, kann ich nirgendwo.
Die Gegend um Aix en Othe wird hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt. Ich habe viele reich tragende Apfelbäume gesehen. Das Land der Othe wird auch als „Petite Normandie“ bezeichnet. Klar, dass es hier auch leckeren Cidre zu kaufen gibt, wie ich auf dem Markt festgestellt habe. Und auch eigenen Käse bringt die Region hervor.
Mir ist es inzwischen einfach zu heiß und so fahre ich zurück in den Schatten am Wohnmobil und zu meinem Liegestuhl.
Gegen Abend radle ich noch einmal zum Supermarkt, um meine Besorgungen zu machen. Als ich nach dem Einkaufen wieder herauskomme, regnet es. Na so was! Ich trampele ordentlich in die Pedalen, um schnell zum Wohnmobil zu kommen und schaffe es auch vor dem großen Regen, der folgt, und der bis in die Abendstunden anhält.