Holzminden im Regen
29.12.2021
Der Tag beginnt, wie der Gestrige geendet hat: regnerisch, grau und nasskalt. Allerdings mit 8 Grad inzwischen etwas zu warm für die Jahreszeit. Habe ich vor zwei Tagen noch bei -5 Grad in Blomberg gefroren, so ist es inzwischen der feine Nieselregen, der durch und durch geht und es draußen ungemütlich macht. Aber den ganzen Tag im Womo zu sitzen, das geht gar nicht. Wie sagt man doch immer so schön: “ Es gibt kein schlechtes Wetter. Es gibt nur die falsche Kleidung!“ So werde ich mir mal überlegen, wie man diesem grauen Tag noch ein paar bunte Seiten abgewinnen kann.
Als erstes geht es zum Erlebnis-Shopping in den gegenüber liegenden Edekamarkt. Ich brauche zwar nichts, aber dort ist es nicht nur warm und trocken, sondern beim Erleben des neuen Konzepts mit den „Genussinseln“ wird mir mal gezeigt, was ich alles brauchen könnte. Ok. Etwas Kuchen für den Nachmittag könnte ich mitnehmen und damit meine Konsumbereitschaft zeigen.
Als ich zurück zum Womo komme, warten Hans und Marion schon, um mit uns einen gemeinsamen Stadtbummel zu machen. Michael hat davon allerdings noch nichts mitbekommen, schafft aber in Rekord verdächtiger Zeit, seine „Ausgehsachen“ anzuziehen.
Wetter online hat prophezeit, dass es zwischen 12 Uhr und 16.00 Uhr trocken sein soll. Es ist kurz nach 12.00 Uhr, als wir uns auf den Weg machen. Bereits fünf Minuten später, wir sind gerade auf der Weserbrücke, hält es sich nicht mehr an seine Voraussagen, und es fängt kräftig an zu regen.
Beim Spaziergang durch die Altstadt werden alle Speisekarten studiert, denn wir wollen am Abend essen gehen. Das Dumme am Studieren von Speisekarten ist, dass das eine Appetit anregende Wirkung hat, wenn es nicht sogar hungrig macht.
Da kommt der Wochenmarkt in der Mittleren Straße gerade recht und verleitet Hans und Marion zu spontanen Einkäufen. Ich bin noch ein wenig immunisiert vom Rundgang bei Edeka, aber Michael wirf sehnsüchtige Blicke auf die Wurst- und Käsestände, und nur der Gedanke an den reichlich gefüllten Kühlschrank im Wohnmobil, Überreste von Weihnachten, hält ihn von Käufen jedweder Art ab, auch wenn der „kleine Hunger“ jede Menge „Rabbatz“ macht und zumindest eine Bratwurst fordert. Die kriegt er aber auch nicht, denn die gibt es schlicht und ergreifend nirgendwo.
Zwischendurch, es hat inzwischen wieder aufgehört zu regnen, werden natürlich auch besonders hübsche Fachwerkhäuser begutachtet und fotografiert. Man weiß ja was sich als anständiger Tourist gehört.
Nicht nur beim Edeka die Weihnachtskekse, sondern auch in der Stadt, werden vom Fest übriggebliebe Artikel zu Schnäppchenpreisen angeboten. Die Kauflust mit Maske und Zertifikat hielt sich wohl in Grenzen, oder wurde vom Onlinehandel übernommen. Paul, unser Enkel, derzeit im ersten Skiurlaub seines Lebens, profiert mit einer neuen Baby-Jeans davon.
So langsam und durch den wieder eingesetzten Regen begünstigt, geht es wieder zurück zum Stellplatz . Der Mittagsschlaf ruft.
Auf dem Stellplatz ist es richtig voll geworden. Während Michael nach der Anstrengung seine Mittagsruhe macht, schreibe ich mein Womo-Reisetagebuch und beobachte dabei das Treiben vor meiner Windschutzscheibe. Immer mehr Wohnmobile ziehen ihre Runden auf der Suche nach einer Lücke. Ich bin gespannt, wann es an die Verteidigung der gesetzten Reservierungs -Pylonen geht. Hoffentlich kommt der Rest morgen pünktlich, sonst könnte es schwierig werden, da der Platz angeblich nur zu 70 % belegt werden darf. Schauen wir mal, was der heutige Tag noch so mit sich bringt.
Am späten Nachmittag schaue ich mich etwas auf dem Stellplatz um. Den Nummernschilder nach ist halb Deutschland von Nord nach Süd und von Ost nach West hier vertreten. Einige Wohnmobilisten bauen Zelte auf, um in kleiner Runde darin zu feiern. Der Duft von Reibekuchen liegt in der Luft. Zwischen zwei Mobilen wird eifrig gebacken. Dazu gibt es Glühwein unter der Markise. Offiziell ist keine Feier erlaubt. Ich komme mit dem einen oder anderen Wohnmobilisten ins Gespräch. Der Trend zum überwintern in Spanien ist deutlich spürbar. Wenn wundert es bei diesem Wetter. Ein Pärchen hat ihr Leben ganz ins Wohnmobil verlegt, um zu reisen. Aber irgendwie sind sie hier im Mobilcamp hängengeblieben.
Der Platz ist so ziemlich voll. Jetzt dürfen nur noch Wohnmobile mit Reservierung anreisen, erzählt mir der neue Betreiber des Platzes. Als ich zurück zum Wohnmobil gehe, erstrahlen die ersten Womos schon wieder im Lichterglanz.
Auch die Brücke und die historischen Gebäude sind beleuchtet, dass sehen wir, als wir gegen Abend zum Essen in die Altstadt laufen. Hans wundert sich über die „Schlangenlinien“, die sich auf dem Pflaster durch die Altstadt ziehen. Eine Frage an eine vorbeigehend Passantin gestellt, bringt die Antwort: Diese Linien verbinden die Duftstandorte in der Stadt. Wieder etwas dazu gelernt.
Das Essen später ist gut und die Bedienung sehr aufmerksam. Nur der Rückweg ist ziemlich nass, es gießt wie aus Kübeln und wir haben keinen Schirm dabei.